Bereich Gesundheit
Gefahrstoffe und Gefahrstoffüberwachung
1. Was sind Gefahrstoffe?
Unter Gefahrstoffen versteht man Produkte, von denen bestimmte Gefahren ausgehen können und die nach ihrem Gefährdungspotential eingestuft und gekennzeichnet werden. Hierbei kann es sich um einzelne Stoffe (z. B. Säuren, Laugen oder Industriealkohol), um Gemische (z. B. Reinigungsmittel oder Duftöle, bestehen aus mindestens zwei Stoffen) oder um Erzeugnisse (Gegenstände, die bei der Herstellung eine spezifische Form, Oberfläche oder Gestalt erhalten, die in größerem Maße als die chemische Zusammensetzung ihre Funktion bestimmen) handeln.
Zu den Gefahrstoffen zählen auch Materialien, aus denen erst bei der Herstellung oder Verwendung gefährliche oder explosionsfähige Stoffe oder Gemische entstehen oder freigesetzt werden können und zwar unabhängig von der eingesetzten Stoffmenge.
Ein praktisches Beispiel: Ammoniak
Ammoniak wird zu etwa 80 % zur Düngemittelherstellung verwendet. Der Rest findet unterschiedliche Verwendung wie z. B. als Kältemittel in großen Industriekälteanlagen. Als Kältemittel ist es unter der kältetechnischen Bezeichnung R 717 (R = Refrigerant) im Handel und hat viele (umwelt-)technische Vorteile. So hat es z. B. kein Ozonabbaupotenzial und keinen direkten Treibhauseffekt.
Der Beitrag zum indirekten Treibhauseffekt ist wegen der hohen Energieeffizienz gering. Ammoniak ist bedingt brennbar und wird als schwer entzündlich eingestuft. Aber es ist giftig! Sein charakteristisch stechender Geruch besitzt glücklicherweise eine hohe Warnwirkung: lange vor einer gesundheitsschädlichen Konzentration (> 1750 mg / m³ lebensgefährliche Dosis bei 30 Minuten Exposition) wird es ab einer Konzentration von 7-14 mg/m³ wahrgenommen.
Gefährliche Produkte können folgende Eigenschaften haben, wie sie in § 3a des Chemikaliengesetzes (ChemG) in Verbindung mit Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP-VO) oder im § 3 der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) europaweit einheitlich definiert sind:
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Art der Gefährdung |
Nummerierung nach Anhang I der CLP-Verordnung |
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1. |
Physikalische Gefahren |
2 |
|
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a) |
Explosive Stoffe/Gemische und Erzeugnisse mit Explosivstoff |
2.1 |
2. | Gesundheitsgefahren | 3 | |
a) |
Akute Toizität (oral, dermal und halativ) Ätz-/Reizwirkung auf die Haut Schwere Augenschädigung/Augenreizung Sensibilisierung der Atemwege oder der Haut Keimzellmutagenität Karzinogenität Reproduktionstoxizität Spezifische Zielorgan-Toxizität, einmalige Exposition (STOT SE) Spezifische Zielorgan-Toxizität, wiederholte Exposition (STOT RE) Aspirationsgefahr |
3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 3.8 3.9 3.10 |
|
3. | Umweltgefahren | 4 | |
Gewässergefährdend (akut und langfristig) | 4.1 | ||
4. | Weitere Gefahren | 5 | |
die Ozonschicht schädigend | 5.1 |
Gefahrstoffhaltige Produkte werden von Herstellern und Inverkehrbringern hinsichtlich ihrer Gefährlichkeitsmerkmale gekennzeichnet. Die Kennzeichnungselemente umfassen die Gefahrensymbole, die dazugehörigen Signalwörter „Achtung“ oder „Gefahr“ sowie die Warnhinweise und Sicherheitsratschläge, welche die Wirkung des gefährlichen Produkts näher beschreiben und Hinweise zum sicheren Umgang mit ihm geben. Auf der Basis dieser Einstufung eines Stoffes oder Gemisches wird das Produkt sicher verpackt. So gelangt ein gefahrstoffhaltiges Produkt in den Handel.
Gefahrensymbole:
GHS01 |
GHS02 |
GHS03 |
GHS04 |
GHS05 |
GHS06 |
GHS07 |
GHS 08 |
GHS 09 |
2. Das Global Harmonisierte System zur Einstufung und Kennzeichnung
Um den Handel zu vereinfachen und Verpackungen mit überall verständlichen Gefahrenhinweisen einzuführen, haben die Vereinten Nationen (UN) beschlossen, Chemikalien durch ein Globales Harmonisiertes System (GHS) weltweit einheitlich einzustufen und zu kennzeichnen. Dieses System hat die EU mit der CLP-Verordnung (CLP = Classification, Labelling and Packaging) Verordnung Nr. 1272/2008/EG in ihr Chemikalienrecht umgesetzt.
Seit dem 1. Juni 2015 richtet sich die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen ausschließlich nach den Bestimmungen der CLP-Verordnung und den hiernach angepassten nationalen Regelungen wie z. B. dem Chemikaliengesetz und der Gefahrstoff-Verordnung.
Zuständig für die richtige Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung ist in der Regel der Produkthersteller, manchmal auch der Importeur (bei ausländischer Ware) oder der Umformulierer (dieser mischt Stoffe und/oder Gemische zu einem neuen Gemisch, ohne dass während des Verfahrens eine chemische Reaktion auftritt).
3. Was habe ich als Verbraucherin/Verbraucher damit zu tun?
Auch im Haushalt kommen Verbraucher in Kontakt mit gefährlichen Stoffen oder gefährlichen Gemischen. So sind z. B. Geschirrreiniger für Spülmaschinen im Regelfall als „reizend“, Abflussreiniger als „ätzend“ und viele Verdünnungsmittel als „gesundheitsschädlich“ eingestuft. Für den Verbraucher sind als gefährlich einzuordnende Stoffe oder Gemische leicht erkennbar an den Gefahrensymbolen.
Zusätzlich zu den Gefahrensymbolen wird auf dem Etikett ein Signalwort angegeben. Dieses richtet sich nach der Schwere der Gefahr und soll auf den ersten Blick die potentielle Gefährdung signalisieren: Das Signalwort „Gefahr“ kennzeichnet schwerwiegende Gefährdungen. Das Signalwort „Achtung“ wird bei Kategorien mit geringeren Gefährdungen verwendet.
Derartige Verbraucherprodukte sind immer mit Hinweisen auf die Gefahren, die von ihnen ausgehen und mit Sicherheitsratschlägen versehen, die es den Verbrauchern ermöglichen, mit den gefährlichen Zubereitungen sicher umzugehen, ohne sich und andere zu gefährden.
Für den Verbraucher stehen damit ausreichend Informationen für die sichere Handhabung gefährlicher Stoffe, Gemische und Zubereitungen zur Verfügung.
Unser Appell an Sie als Verbraucher/Verbraucherin: Lesen und beachten Sie die Gefahrenhinweise und Sicherheitsratschläge auf dem Produktetikett!
4. Gefahrstoffüberwachung
- Supermärkte
- Baumärkte
- Drogeriefachhandel
- Farben- und Tapetengeschäfte
- Gärtnereien und Gartencenter
- Zoofachgeschäfte
- Ein-Euro-/Schnäppchenmärkte
- Autozubehörhandel
- Tankstellen
5. Aufbewahrung und Lagerung von Gefahrstoffen
Nach § 8 Abs. 5 Gefahrstoffverordnung sind Gefahrstoffe so aufzubewahren oder zu lagern, dass sie die menschliche Gesundheit und die Umwelt nicht gefährden. Um einen Fehlgebrauch zu verhindern ist beispielsweise dafür zu sorgen, dass Gefahrstoffe nicht verwechselt werden können. Sie dürfen nur übersichtlich geordnet und nicht in unmittelbarer Nähe von Arzneimitteln, Lebensmitteln und Futtermitteln aufbewahrt oder gelagert werden. Gefahrstoffe dürfen nur in Behältern aufbewahrt werden, die aus Werkstoffen bestehen, welche den zu erwartenden Beanspruchungen standhalten. Originalgefäße entsprechen diesen Anforderungen.
Konkretisierte Anforderungen sind in den „Technischen Regeln für Gefahrstoffe/TRGS 510 - Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern“ definiert.
6. Vorschriften zur Verpackung gefahrstoffhaltiger Produkte
Verpackungen müssen so beschaffen sein, dass vom Inhalt nichts nach außen gelangen kann. Dies gilt nicht, wenn besondere Sicherheitsvorrichtungen (zum Beispiel Auffangwannen) vorgeschrieben sind. Die für die Verpackungen und deren Verschlüsse verwendeten Werkstoffe dürfen vom Inhalt nicht angegriffen werden und keine schädlichen oder gefährlichen Verbindungen mit diesen eingehen. Die Verpackungen und ihre Verschlüsse müssen fest und widerstandsfähig sein.
Für manche besonders gesundheitsrelevante gefahrstoffhaltige Produkte ist ein kindergesicherter Verschluss und/oder ein tastbares Warndreieck vorgeschrieben.
7. Was ist beim Inverkehrbringen von besonders gefährlichen Produkten/Gesundheits- und Umweltrelevanten Gefahrstoffen zu beachten (Abgabevorschriften)?
a) Grundanforderungen
Bestimmte Stoffe und Gemische, die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch Phosporwasserstoff entwickeln, sowie Stoffe und Gemische, die wie folgt gekennzeichnet sind, unterliegen bei der Abgabe bestimmten Anforderungen:
*) und einem der Gefahrenhinweise H224, H241 oder H242
**) krebserzeugend, erbgutverändernd, fortpflanzungsgefährdend, wird mit folgenden Gefahrenhinweisen/-codes näher beschrieben: H340, H350, H350i, H360, H360F, H360D, H360FD, H360Fd, H360Df, H370 oder H372
Liste der Gefahrenhinweise, ergänzende Gefahrenmerkmale und ergänzende Kennzeichnungselemente
Der Verkäufer/die Verkäuferin muss sachkundig (bei Abgabe an den privaten Endverbraucher/Endverbraucherin) / jährlich belehrt (bei Abgabe an Wiederverkäufer/Wiederverkäuferin, berufsmäßige Verwender/Verwenderinnen, öffentliche Forschungs-, Untersuchungs- oder Lehranstalten = Gewerbetreibende), zuverlässig und mindestens 18 Jahre alt sein und den Kunden/die Kundin über Gefahren, Vorsichtsmaßnahmen und Entsorgungsmöglichkeiten aufklären (zur chemikalienrechtlichen Sachkunde siehe auch unter Punkt 10 ff.). Der Kunde/die Kundin muss die erlaubte Verwendung bestätigen und ebenfalls mindestens 18 Jahre alt sein.
Das gilt übrigens auch für den Versandhandel (= elektronischer Handel über das Internet) an Gewerbetreibende. Mit Privatkunden/Privatkundinnen ist der Versandhandel nicht zulässig, auch für die nicht gewerbsmäßige Abgabe. Schon entsprechende Angebote zu machen, ist bußgeldbewährt.
Es gilt außerdem ein Verbot der Abgabe mittels Automaten oder Selbstbedienung.
Das Selbstbedienungsverbot nach § 23 Abs. 2 Pflanzenschutzgesetz bleibt unberührt.
Sofern entsprechende Gemische nicht mit einem der o. g. Gefahrenpiktogramme gekennzeichnet sind, gelten die vorgenannten Anforderungen nicht, d. h. der Verkäufer/die Verkäuferin muss weder sachkundig, belehrt, noch 18 Jahre alt sein.
Seite der Bezirksregierung Düsseldorf
Diese Sachkunde ist nicht zu verwechseln mit der Sachkunde, die für den Verkauf von Pflanzenschutzmitteln erforderlich ist. Diese richtet sich ausschließlich nach dem Pflanzenschutzgesetz und der Pflanzenschutz-Sachkundeverordnung und bedarf einer separaten Zulassung und regelmäßigen Fortbildung.
Seite der Landwirtschaftskammer
- siehe auch unter Kapitel 12 "Gibt es besondere Vorschriften bei der Abgabe von Pflanzenschutzmitteln?"
b) zusätzliche Anforderungen
Für die Abgabe von toxischen Stoffen sowie von besonders gesundheitsrelevanten CMR-Stoffen wie unten aufgeführt gelten die gleichen Vorgaben wie sie im vorhergehenden Punkt aufgeführt sind (Abgabe nur durch sachkundiges Personal, Selbstbedienungsverbot etc.).
*) krebserzeugend, ergutverändernd, fortpflanzungsgefährdend wird mit folgenden Gefahrenhinweisen/-codes näher beschrieben: H340, H350, H350i, H360, H360F, H360D, H360FD, H360Fd, H360Df, H370 oder H372
Zusätzlich ist jedoch über die Abgabe dieser Gefahrstoffe ein Abgabebuch (Giftbuch) zu führen. Hier sind folgende Angaben aufzuführen:
- Art, Menge und Verwendungszweck des Gefahrstoffes,
- Abgabedatum,
- Name und Anschrift des Erwerbers,
- Name des Abgebenden und
- Unterschrift des Erwerbers.
Das Abgabebuch ist für mindestens 5 Jahre nach der letzten Eintragung aufzubewahren.
Achtung: Für die Abgabe dieser Gefahrstoffe an den privaten Endverbraucher ist eine Erlaubnis der zuständigen Behörde (Gifthandelserlaubnis) erforderlich! Sofern ausschließlich Gewerbetreibende bedient werden, genügt eine Anzeige.
Derzeit ist die Erlaubnis bei der Bezirksregierung Düsseldorf einzuholen oder die Anzeige dort vorzunehmen (siehe unter Kapitel 9 Gifthandelserlaubnis bzw. Erlaubnis/Anzeige für das Inverkehrbringen toxischer sowie von besonders gesundheitsrelevanter CMR-Stoffe/Gemische).
c) Gibt es Ausnahmen vom Selbstbedinungsverbot und der Sachkundepflicht?
Ausnahmen | Zusätzliche Forderungen | Gefahrensymbol |
---|---|---|
Reinigungsmittel | kindergesicherter Verschluss | GHS05 Ätzwirkung |
Zement und Kalk sowie Zubereitungen | GHS05 Ätzwirkung | |
Druckgase | i. S. d. Druckbehälter | GHS02 Flamme |
Klebstoffe | GHS03 Flamme über einem Kreis | |
Mehrkomponentenkleber | GHS03 Flamme über einem Kreis | |
Mehrkomponenten-Reparaturspachtel | GHS03 | |
Experementierkästen für chemische oder ähnliche Versuche | ||
Mineralien für Sammlerzwecke | ||
Heizöl und Dieselkraftstoffe | ||
Ottokraftstoffe an Tankstellen/Betankungseinrichtungen | GHS06 Totenkopf mit gekreuzten Knochen | |
Methanol und methanolhaltige Gemische zur Verwendung in Brennstoffzellen (geschlossenes System) | GHS06 Totenkopf mit gekreuzten Knochen | |
Elektrische Zigaretten und Nachfüllbehälter im Sinne von §2 Nummer 2 des Tabakerzeugnisgesetzes | GHS06 Totenkopf mit gekreutzen Knochen |
8. Wo finde ich die gesetzliche Grundlagen für die besonderen Abgabevorschriften?
Beschränkungen von Herstellung, Inverkehrbringen, Verwendung und Verbote werden in Deutschland durch folgende Gesetzestexte geregelt:
- REACH-VO
Artikel 67 in Verbindung mit Anhang XVII (auf europäischer Ebene unmittelbar geltende Verbote und Beschränkungen für bestimmte Stoffe, Gemische und Erzeugnisse)
und darüber hinaus - Chemikalien-Verbotsverordnung
Anhang 1 (Inverkehrbringensverbote*, z. B. Wasch-, Reinigungs- und Pflegemittel mit einem Formaldehydgehalt > 0,2 % - ausgenommen den industriellen Gebrauch- und Dioxin-belastete Erzeugnisse) und
Anhang 2 (Anforderungen in Bezug auf die Abgabe, z. B. Sachkundepflicht, Versandhandelsverbot für private Endverbraucher oder Selbstbedienungsverbot).
* Betroffene Produkte dürfen weder verkauft, verschenkt, noch auf sonstige Weise abgegeben werden, sondern sind über einen anerkannten Entsorgungsfachbetrieb ordnungsgemäß zu entsorgen.
9. Vorgeschriebene Gifthandelserlaubnis bzw. Erlaubnis/Anzeige für das Inverkehrbringen toxischer sowie von besonders gesundheitsrelevanter CMR-Stoffe/Gemische
Wer gewerbsmäßig oder selbstständig im Rahmen einer wirtschaftlichen Unternehmung Stoffe oder Gemische abgibt oder für Dritte bereitstellt, die nach der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP-Verordnung) mit dem Gefahrenpiktogramm GHS06 (Totenkopf mit gekreuzten Knochen) oder dem Gefahrenpiktogramm GHS08 (Gesundheitsgefahr) und dem Signalwort Gefahr und einem der Gefahrenhinweise H340, H350, H350i, H360, H360F, H360D, H360FD, H360Fd, H360Df, H370 oder H372 zu kennzeichnen sind, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde bzw. hat dies bei der zuständigen Behörde anzuzeigen.
Eine Erlaubnis ist erforderlich, wenn es sich bei den Abnehmern/der Zielgruppe (u.a.) um Privatverbraucher handelt. Apotheker benötigen keine Erlaubnis.
Gefahr!
Die Erlaubnis erhält, wer:
- die Sachkunde nach der Chemikalien-Verbotsverordnung (ChemVerbotsV) nachgewiesen hat,
- die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt (Führungszeugnis) und
- mindestens 18 Jahre alt ist.
Bei Unternehmen mit mehreren Betrieben muss in jeder Betriebsstätte eine sachkundige Person vorhanden sein. Jeder Wechsel dieser Person ist der zuständigen Behörde unverzüglich anzuzeigen. Die Erlaubnis kann auch auf einzelne gefährliche Stoffe und Zubereitungen oder auf Gruppen beschränkt und unter Auflagen erteilt werden, die auch nachträglich angeordnet werden können. Ebenso kann eine Erlaubnis widerrufen werden.
Sollen diese Stoffe oder Gemische nur an Wiederverkäufer/Wiederverkäuferinnen, berufsmäßige Verwender/Verwenderin oder öffentliche Forschungs-, Untersuchungs- oder Lehranstalten abgeben werden, ist keine Erlaubnis erforderlich. Dann hat der Inverkehrbringer/die Inverkehrbringerin aber vor dem erstmaligen Inverkehrbringen schriftlich anzuzeigen, welche Stoffe oder Zubereitungen in Verkehr gebracht werden sollen (Anzeigepflicht). Auch hier ist jeder Wechsel der sachkundigen Person der zuständigen Behörde unverzüglich anzuzeigen, ebenso wie die endgültige Aufgabe der Tätigkeit.
Die Anzeigepflicht gilt nicht für Inhaber/Inhaberin einer Erlaubnis und für Apotheken.
Beachten Sie: Eine nach früheren Rechtsvorschriften erteilte Erlaubnis oder Anzeige, die einer Erlaubnis oder Anzeige nach § 6 Abs. 1 bzw. § 7 Abs. 1 ChemVerbotsV entspricht, gilt im erteilten Umfang fort, jedoch müssen Sachkundige regelmäßig an einer Fortbildung teilnehmen (alle 6 Jahre zur 1-tägigen Fortbildung oder alle 3 Jahre zur ½-tägigen Fortbildung).
Zuständige Behörde für die Erteilung der Erlaubnis und Entgegennahme der Anzeige ist derzeit die Bezirksregierung Düsseldorf , Dezernat 56: Betrieblicher Arbeitsschutz .
10. Zum Thema "Sachkunde nach Chemikalienverbotsverordnung"
Apotheker/Apothekerinnen, Apothekerassistenten/Apothekerassistentinnen, Pharmazieingenieure/Pharmazieingenieurinnen, PTA, Apothekenassistenten/Apothekenassistentinnen, Drogisten/Drogistinnen mit Giftprüfung, geprüfte Schädlingsbekämpfer/Schädlingsbekämpferinnen, ebenso Hochschulabsolventen/Hochschulabsolventinnen mit entsprechend bestandener Prüfung und Personen, die nach früheren Vorschriften eine entsprechende Prüfung bestanden haben besitzen automatisch die Sachkunde nach Chemikalienverbotsverordnung (ChemVerbotsV).
Personen, die sich hier nicht wiederfinden, können mit einer entsprechenden Prüfung die Chemikalien-Sachkunde erwerben.
Die Bezirksregierung Düsseldorf führt die Sachkundeprüfung durch oder stellt fest, ob eine bereits abgelegte Prüfung den Anforderungen nach Chemikalienrecht entspricht.
Eine Sachkundeprüfung erstreckt sich:
- auf allgemeine Kenntnisse über wesentliche Eigenschaften gefährlicher Stoffe und Zubereitungen,
- über die mit der Verwendung verbundenen Gefahren,
- auf die Kenntnis der einschlägigen Vorschriften.
Diese Kenntnisse können in Eigenarbeit oder auf entsprechenden Lehrgängen erworben werden, welche verschiedene Institute und Einrichtungen anbieten.
Der gemeinsame Fragenkatalog der Länder für die Sachkundeprüfung nach § 11 der Chemikalien-Verbots-Verordnung ist hier abrufbar.
Ab dem 1. Juni 2019 gilt die Fortbildungspflicht zum Erhalt der Sachkunde. Danach ist zur Verlängerung der Sachkunde nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 ChemVerbotsV ein Nachweis der Teilnahme an einer nicht länger als 6 Jahre zurückliegenden 1-tägigen oder nicht länger als 3 Jahre zurückliegenden ½-tägigen Fortbildungsveranstaltung erforderlich.
11. Wie umfangreich ist die Sachkunde nach Chemikalienverordnung?
Je nach Anforderung kann die Sachkunde in unterschiedlichen Graden erworben werden:
- Sachkunde für einzelne Stoffe
Dieser Grad ist z. B. für Geschäftsinhaber/Geschäftsinhaberinnen (z. B. Modellbau) geeignet, welche nur einzelne Chemikalien (z. B. Methanol) vertreiben. - Eingeschränkte Sachkunde
Dieser Grad beinhaltet alle gefährlichen Stoffe mit Ausnahme von Biozidprodukten und Pflanzenschutzmitteln. - Umfassende Sachkunde
Dies ist der höchste Grad und beinhaltet alle gefährlichen Stoffe sowie Biozidprodukte und Pflanzenschutzmittel.
Der Gesetzgeber sieht weiterhin vor, dass man die Sachkunde während eines Hochschulstudiums im Besuch einer entsprechenden Vorlesung mit Prüfung erwerben kann. Entsprechende Auskünfte sind bei der jeweiligen Universität einzuholen.
12. Gibt es besondere Vorschriften bei der Abgabe von Pflanzenschutzmitteln?
Für die Abgabe im Einzelhandel und die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (bestimmte Anwendungssituationen gem. § 1 der Pflanzenschutz-Sachkundeverordnung) ist die Sachkunde nach Pflanzenschutz-Sachkundeverordnung erforderlich. Für die Abgabe von Pflanzenschutzmitteln, die Gefahrstoffe beinhalten und, wie oben beschrieben, nach GefStoffV zu kennzeichnen sind, gelten zusätzlich die Vorschriften nach Chemikalienrecht. Das bedeutet, dass bei bestimmten Produktkennzeichnungen zusätzlich die Sachkunde nach § 11 ChemVerbotsV erforderlich ist.
Die Sachkunde nach dem Pflanzenschutzrecht beinhaltet also nicht automatisch auch die Sachkunde nach dem Chemikalienrecht!
13. Wie sind Gefahrstoffhaltige Stoffe und Gemische gekennzeichnet?
Die Kennzeichnung von gefährlichen Stoffen und Gemischen weist den Anwender/die Anwenderin auf die von dem jeweiligen Stoff ausgehenden Gefahren hin und gibt wichtige Informationen zur Handhabung.
Sie umfasst die Bezeichnung des Stoffes bzw. des Gemisches, deren Herkunft (Kontaktangaben zum Inverkehrbringer), Symbole und Bezeichnungen der Gefahren beim Umgang mit dem gefahrstoffhaltigen Produkt sowie Hinweise auf besondere Gefahren. Gefährliche Stoffe müssen sowohl im Lager als auch am Einsatzort eindeutig bezeichnet werden.
Betroffen sind neben den Piktogrammen auch die Bezeichnungen der gefährlichen Eigenschaften sowie die H-Sätze (Gefahrenhinweise) und die P-Sätze (Sicherheitshinweise). Die Kennzeichnungs-Vorgaben werden durch die europäische CLP-Verordnung festgelegt.
Der Inverkehrbringer, d. h. der Hersteller/die Herstellerin, Abfüller/Abfüllerin oder EU-Importeur/EU-Importeurin hat sich zu vergewissern, dass die gesetzlichen Bestimmungen des Chemikalienrechts eingehalten und die entsprechenden Produkte gemäß Sicherheitsdatenblatt über Stoffinformationen ordnungsgemäß eingestuft, gekennzeichnet und verpackt sind, bevor die Produkte an Dritte abgeben werden.
Das Sicherheitsdatenblatt muss durch den Hersteller/Herstellerin oder Lieferanten/Lieferantin erstellt und mit der erstmaligen Lieferung sowie bei Änderung der Produktzusammensetzung dem Abnehmer/der Abnehmerin zur Verfügung gestellt werden (Bringschuld).
Für den gewerblichen Käufer/Käuferin hat der abgebende Händler/Händlerin ein Sicherheitsdatenblatt vorzuhalten.
Für den privaten Endverbraucher/Enderverbraucherin ist die Produktkennzeichnung ausreichend.
14. Vertrieb von Gefahrstoffen über das Internet
Die im „Leitfaden Gute Internetpraxis für den Chemikalienhandel“ der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Chemikaliensicherheit (BLAC) enthaltenen Grundsätze bieten eine gute Übersicht über die gesetzlichen Rahmenbedingungen. Der Leitfaden soll Unternehmen unterstützen, ihre Internetseiten juristisch korrekt aufzubauen, sich seriös und fachkundig zu präsentieren und zum Schutz vor Chemikalienmissbrauch beizutragen.
15. Was ist die gesetzliche Grundlage beim Umgang mit Gefahrstoffen/bei der Überwachung von Gefahrstoffen?
Wesentliche gesetzliche Grundlagen sind die Regelungen im Chemikaliengesetz, der Chemikalien-Verbotsverordnung und in der Gefahrstoffverordnung. Zusammen mit diversen EG-Richtlinien und -Verordnungen (z. B. REACH-Verordnung, CLP-Verordnung, Biozidverordnung etc.) dienen diese dem Schutz von Beschäftigten und anderen Personen vor Gefährdung ihrer Gesundheit und Sicherheit. Sie dienen auch dem Schutz der Umwelt vor stoffbedingten Schädigungen und gelten für das Inverkehrbringen von Stoffen, Gemischen und Erzeugnissen.
16. Ordnungswidrigkeiten und Straftaten
Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig gegen Anzeige-, Aufzeichnungs-, Sachkunde-, Aufbewahrungspflichten oder Selbstbedienungsverbote verstößt. Verstöße können mit einem Bußgeld von bis zu 200.000 € geahndet werden.
Bestraft wird, wer vorsätzlich oder fahrlässig Stoffe oder Gemische ohne die erforderliche Erlaubnis in Verkehr bringt oder wer Stoffe, Gemische oder Erzeugnisse aus Anlage 1 ChemVerbotsV (auch wenn diese freigesetzt werden können oder enthalten sind) in den Verkehr bringt. Verstöße können eine Freiheits- oder Geldstrafe zur Folge haben.
17. Wo finde ich Informationen im Fall einer Vergiftung?
Vergiftungen treten bei Einwirkung gesundheitsschädigender Stoffe oder Gemische auf. Sie können entweder willentlich (zum Beispiel in Selbsttötungsabsicht) herbeigeführt oder durch versehentliche Aufnahme ausgelöst werden. Die Schwere der Vergiftung hängt ab von der Menge und der Art des Giftes sowie seiner Einwirkungsdauer. Um schnelle Hilfe bei Vergiftungen zu gewährleisten, unterhalten die Bundesländer Vergiftungsberatungsstellen. Es gibt 9 Giftnotrufzentralen in Deutschland.
In Nordrhein-Westfalen ist die Informationszentrale gegen Vergiftungen des Landes NRW bei der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn zuständig.
Sie ist unter der folgenden Telefonnummer durchgehend erreichbar: 0228-19240 (24h Notruf).
Für die Vergiftungsberatung sind folgende Angaben wichtig:
- Wer (Alter, Gewicht des Betroffenen) hat
- Was (genauer Name des Giftstoffes, am besten von der Packung ablesen)
- Wann (genauer Einnahmezeitpunkt) in
- Welcher Menge (genaue Mengenangabe/bzw. maximal mögliche Menge) eingenommen?
- Was wurde bisher unternommen?
- Wie geht es dem Patienten?
- Wie ist der Anrufer erreichbar? (Rückrufnummer)
Der Giftnotruf ersetzt in keinem Fall die Benachrichtigung des Rettungsdienstes 112!
Info
Die neun Giftinformationszentren (GIZ) der deutschen Bundesländer sind überwiegend an Universitätskliniken angesiedelt. Sie werden als Giftnotrufe rund um die Uhr sowohl von Laien als auch von Ärzten in Anspruch genommen. Der Anruf ist für Laien kostenlos. Die meisten Giftnotrufzentralen in Deutschland haben nach der Vorwahl die Nummer 1 92 40.
- Berlin: Charité-Universitätsmedizin Berlin; Telefon (0 30) 1 92 40
- Bonn: Informationszentrale gegen Vergiftungen; Telefon (02 28) 1 92 40
- Erfurt: Giftinformationszentrum Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen; Telefon (03 61) 73 07 30
- Freiburg: Informationszentrale für Vergiftungen; Telefon (07 61) 1 92 40
- Göttingen: Giftinformationszentrum-Nord der Länder Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein; Telefon (05 51) 1 92 40
- Homburg: Informations- und Behandlungszentrum für Vergiftungen; Telefon (0 68 41) 1 92 40
- Mainz: Beratungsstelle bei Vergiftungen; Telefon (0 61 31) 1 92 40
- München: Giftnotruf München; Telefon (0 89) 1 92 40
- Nürnberg: Giftinformationszentrale Nürnberg; Telefon (09 11) 3 98 24 51
18. Links zu Gesetzestexten und wichtigen Informationen zum Thema
Gesetzestexte
Chemikalien-Verbotsverordnung (ChemVerbotsV)
Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)
TRGS 510 vom Januar 2013 - Lagerung von Gefahrstoffen in ortsbeweglichen Behältern
Biozid-Verordnung der EU (konsolidierte nicht rechtsverbindliche Fassung)
Weitere Informationen
Biozid-Helpdesk der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
CLP-Helpdesk der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
REACH-Helpdesk der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin
Kontakt:
Sonja Wohlgemuth
Dienstgebäude:
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Tel.: 0208 825-2550
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Stand 08/2024